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Reisebericht Juni 536 von Benodet nach Hamburg 2005

Sonntag / Montag 10/11 Juli

Heute haben wir den Vormittag noch für uns bis wir um 12 Uhr starten, die Frau von der „Friday Girl“ wünscht uns eine gute Fahrt und wir sollen vorsichtig sein, ihre Worte klingen mahnend und ich habe den Eindruck, dass sie auch den Film die Frau des Leuchtturmwärters gesehen hat.

Um 12 Uhr legen wir ab, erst ein Anlieger zur gegenüberliegenden Küste und dann fallen wir ab und setzten den Genacker zur Fock und dem Großsegel, und schwupp sind wir bei 8-9 Knoten. Nach einer halben Stunde kommt eine Starke Böe, Juni Luvt etwas an und der Spi-Baum an dem der Genacker gesetzt ist klappt nach Lee weg. Flatter flatter das ganze Rigg zittert, nach drei versuchen kriegen wir die Situation wieder unter Kontrolle indem wir platt vor den Wind gehen und den flatternden Genacker mit dem Groß abdecken, so können wir in Ruhe klarieren. Wieder was gelernt der Spi Baum muss besonders auf Halbwindkursen angestellt werden, (was heißen soll, dass er angewinkelt sein muss Richtung Luv, wer die maritimen Begriffe nicht kennt fragt sich sowieso wer das verstehen soll).

Saint Mathieu querab, der Wind ist kalt, die Wassertemperatur beträgt 13.6 Grad Celsius, wir kreuzen in Richtung „Chenal du Four“, unter Land läuft ein anderer Segler, aber so dicht an den Felsen vorbei, das Tassadit wieder ihre Bestätigung findet: „Warum fahren wir denn immer so weit draußen?“ .

Wie in den Tagen zuvor nimmt der Wind gegen Mittag zu und wirft starke Böen von der Küste auf das Meer.

Die Ansteuerung von L´Abert Ildut ist anstrengend, eine aufregende Szenerie, überall Felsen an denen sich die Wellen brechen und wir mittendrin müssen durch die Felsen herum, jetzt ein Fehler und alles ist vorbei.

Das Echolot gibt mir wieder den Rest, springt wieder auf 0,6 Meter, nein nicht jetzt, nach den Peilungen sind wir richtig, gegen die Querströmung halten wir genug vor. Einmal rechts, direkt an den Leuten auf den Felsen vorbei –ich höre, dass sie sich unterhalten- und noch mal links und wir sind drin.

An einer Stahlyacht fragen wir ob wir längsseits kommen können, aber der Skipper sagt wir sollen lieber hinter ihm zwischen die Bojen gehen. Gut wenn er uns nicht will, nach zwei Anläufen haben wir die vordere Boje und nach langem würgen haben wir auch das Heck fest.

Uff geschafft, 17:00 Uhr die Sonne scheint, aber es ist nicht richtig warm, irgendetwas kaltes ist immer in der Luft.

Nach dem Essen studieren wir die Karten, wie geht es jetzt am schlausten weiter, L´Aberwrac´h, nein auf keinen Fall, dass ist bestimmt wie hier. Roscoff, Guernsey oder Jersey. Roscoff als Option und Guernsey als Ziel ca. 130 Seemeilen.

Wir hängen gemütlich im Cockpit rum als es auf dem Stahlboot lebendig wird, Flaggen werden gehisst, viele kleine Boote mit Besuchern kommen aus allen Ecken des Hafens und gehen an dem Stahlschiff längsseits. Die Yacht ist bestimmt 16 Meter lang und unter dem Lack der Außenhaut sehe ich große Blasen über die ganze Länge. Der neue Eigner will damit ins Mittelmeer und hat sich wohl seinen Lebenstraum erfüllt, er ist ca. Mitte 60. Die Schiffstaufe ist kurz und bündig, knappe Ansprache klatschen und Sektflasche auf, plöp. Ich habe mittlerweile die Presslufttröte rausgewühlt und gebe einmal ein richtig langes Signal aus dem Nebelhorn, wollte ich eh schon mal ausprobieren. Trööööt, der Eigner kommt später bei uns vorbei und bedankt sich dafür.

Auf unserer Steuerbordseite liegt eine alte englische Yacht mit einer genauso alten Dame die ganz allein an Bord lebt, sie kommt jedes Jahr hier her wie sie sagt und hat nach dem Tot ihres Mannes entschieden die Yacht zu behalten, da so viele gute Erinnerungen daran hängen.

Sie bietet uns Ihr Dingi an für den Fall, dass wir an Land möchten, aber wir fühlen uns überhaupt nicht gut, wir haben etwas Fieber und schlottern unter der Decke bis wir einschlafen.

Am nächsten Morgen verdödeln wir den Vormittag, oder besser gesagt ich, denn Tassadit rechnet wieder, dass wir weiter müssen, aber ich kann mich einfach nicht aufraffen, aber mit der Entscheidung warte ich solange bis die Tide uns wieder gefangen hält und es keine andere Entscheidung, als bleiben geben kann. Tassadit liest den ganzen Tag vorwurfsvoll und redet fast kein Wort. Ich habe Respekt vor der Ausfahrt, die bestimmt genau so spannend wird wie die Einfahrt. Den ganzen Tag beobachte ich die Windboen die über das Wasser fallen, so richtig entspannt bin ich nicht, aber das schiebe ich auf das Fieber.

Auf jeden Fall haben wir Gelegenheit uns an unsere Bordtoilette zu gewöhnen, wenn man nicht an Land kann gibt es ja nur das Bordklo und es gibt reichlich Verbesserungspotential beim leeren des Eimers.

Wir schlafen viel und der Tag nährt sich seinem Ende, es kehrt Ruhe ein im Hafen, das rege Treiben an einer nahe gelegenen Kaianlage wo Bagger den ganzen Tag lange Algenbänder auf LKW verladen haben, kommt zum erliegen.

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